Das Ölziehen ist ein sehr einfaches, aber hoch wirksames Morgenritual und Teil der ayurvedischen Morgenroutine – im Ayurveda Dinacharya genannt – die noch Einiges mehr umfasst (lies dazu gern meinen späteren Beitrag dazu). Es wurde bereits im ältesten Werk der ayurvedischen Gelehrtenschriften, der Charaka Samhita, vor mehr als 2000 Jahren beschrieben, wonach mit dieser einfachen Methode mehr als 30 Krankheiten oder Leiden behandelt oder sogar geheilt werden konnten. Öl spielt ja bekanntlich im Ayurveda eine zentrale Rolle für alle Körperbehandlungen, seien es Massagen, Ölgüsse (z.B. Shirodhara) oder auch Einläufe. Da liegt es ja quasi auf der Hand, dass das Öl auch zur Behandlung und Reinigung der Mundhöhle und darüber hinaus auch für den gesamten Verdauungsapparat in Frage kommt. Aber auch systemische Erkrankungen, die man nicht direkt mit dem Mund oder der Mundschleimhaut in Verbindung bringen würde, werden darüber behandelbar.

Womit kann ich am besten Ölziehen?

Diese natürliche aus dem Ayurveda stammende Tradition basiert allein auf dem Öl, welches seine tiefenreinigende Wirkung über die Mundschleimhaut entfaltet. Öl besitzt nämlich die Fähigkeit, bis tief in unsere Gewebe vorzudringen und dort fettlösliche Stoffe oder Toxine zu binden. Am tiefgängigsten ist dabei das Sesamöl, weshalb es am meisten empfohlen wird.

Da wir mit unserer Zunge aber auch den Geschmack wahrnehmen, kann es schon sein, dass du mit Sesamöl nicht so glücklich bist, dann such dir einfach ein anderes gutes pflanzliches Öl deiner Wahl – natürlich in Bioqualität, z.B. Kokos-, Oliven- oder Mandelöl. Besonders fein wird das Ritual auch durch die Verwendung von Ghee – siehe hierzu auch meine vorigen Posts zur tollen Wirkung dieses besten Öls nach ayurvedischer Auffassung. Von Sonnenblumenöl rate ich dir ab, da es aufgrund seiner Eigenschaften eher verklebend wirkt und damit nicht die gewünschte Wirkung erzielt.

Ein Kriterium bei der Auswahl sollte neben persönlichen geschmacklichen Vorlieben auch die thermische Wirkung auf unseren Organismus sein. So wirken  Ghee oder Kokosöl kühlend, Sesamöl hingegen erhitzend. Wenn du schon sicher in der Beurteilung deiner ayurvedischen Konstitution bist, kannst du also schon am Morgen etwas für deine Dosha-Balance tun. Einfach ausgedrückt: wenn du weißt, dass du an einer Pitta-Störung oder einer krankhaften Pitta-Erhöhung leidest, solltest du eher auf ein kühlendes Öl (Ghee, Kokos) anstelle von Sesamöl zurückgreifen. In allen anderen Fällen ist Sesamöl die 1. Wahl. Bei speziellen Problemen mit der Mundschleimhaut, wie z.B. Parodontose, Entzündungen oder Aphten, ist eine medizinierte Rezeptur wie Arimedadi Thailam zu bevorzugen (bitte kontaktiere einen Ayurvedaarzt oder Ayurvedatherapeuten, der dich zu deinen Fragen beraten kann).

Warum sollte ich morgens Ölziehen?

Ja genau: „Morgenstund hat Gold im Mund!“ Treffender ist es eigentlich nicht zu formulieren! Das goldene Öl kann besonders am Morgen die in der Nacht abgelagerten Toxine aus den Schleimhäuten lösen und das, schon bevor sie wieder erneut in den Körperkreislauf übergehen. So bleibt die Leber entlastet und die Gifte werden direkt über den Speichel zusammen mit dem Öl am Ende des Ölziehens aus deinem Körper verbannt. Im Rahmen der ayurvedischen Morgenroutine fällt es dir nach einer Gewöhnungsphase sicher immer leichter, diese Körperpflegemaßnahme auch längerfristig beizubehalten, so wie du dich ja auch an das tägliche Zähneputzen gewöhnt hast und heute garnicht mehr darüber nachdenkst es zu tun.

Was bringt das Ölziehen?

Bereits in der Charaka Samhita, der alten indischen Gelehrtenschrift des Ayurvedaarztes Charaka (ca. 100 v.Chr.) steht geschrieben, welche gesundheitlichen Probleme mit der einfachen ayurvedischen Morgenroutine – dem Ölziehen – beseitigt werden können.

So sind zunächst alle Themen rund um die Mundschleimhaut behandelbar:

  • Entzündungen der Mundschleimhaut, des Zahnfleischs und der Zunge
  • Infektionen im Rachen
  • Mundgeruch
  • Mundtrockenheit
  • rissige Lippen

außerdem Zahnerkrankungen, wie:

  • Parodontose, Parodontitis, Zahnfleischbluten, Karies, Wurzelentzündungen

Darüberhinaus solltest du Ölziehen bei:

  • Bronchitis und grippalen Infekten
  • Herz- und Gefäßerkrankungen
  • Nieren- und Lebererkrankungen
  • Kopfschmerzen
  • Hauterkrankungen
  • Thrombose
  • Frauenleiden
  • Schlafstörungen

Und dann speziell im Rahmen deiner Reinigungskur, im Frühjahr oder Herbst zur

  • ganzheitlichen Entgiftung und Unterstützung der Reinigung deines gesamten Verdauungssystems.

Wie mache ich das nun richtig mit dem Ölziehen?

Das ist tatsächlich kinderleicht: Nimm eine für dich angenehme Menge (1-2 TL, max. 1 EL), die du mühelos für 15 bis 20 Minuten im Mund behalten und locker zwischen den Zähnen hin und herbewegen kannst. Beginne mit einer geringeren Menge und lass lieber etwas Platz, da sich im Laufe des Ölziehens auch Speichel bildet, der ebenfalls etwas Volumen einnimmt. Du solltest die 20 Minuten anstreben, weil erst nach dieser Zeit auch Zahnfleischtaschen erreicht werden, in denen sich gern Bakterien einnisten und dann zu Zahnfleischerkrankungen bis hin zur Degeneration des Kieferknochens führen können.

Studien zufolge war das Ölziehen sogar erfolgreicher als die Verwendung der medizinischen Mundspüllösung Chlorhexidin, da ohne die bekannten Nebenwirkungen der gleiche antibakterielle Effekt erzielt wurde nur eben ohne Chemie. Nach den 20 Minuten spuckst du das Resultat in ein Küchentuch, welches du über den Hausmüll entsorgst – bitte nicht in die Toilette oder das Waschbecken, da die Ölreste auf Dauer deine Abflussrohre verstopfen können.

Vielleicht fragst du dich nun, ob dann damit das

Zähneputzen überflüssig wird? Nein!

Das Öl bindet zwar toxische Stoffe und tötet auch Bakterien ab, aber Beläge kann es nicht von den Zähnen abputzen, weshalb ich dir folgenden Ablauf empfehle:
1. Mit einem Glas warmem Wasser den Mund ausspülen.
2. Mit dem Zungenschaber die Zungenoberfläche vom nächtlichen Belag befreien.
3. 1-2 TL Öl in den Mund nehmen und 20 Minuten damit den Mundraum spülen (du kannst während dessen z.B. duschen oder meditieren, dein Frühstück zubereiten oder etwas Yoga machen) und anschließend ausspucken.
4. Zähne mit einer biologischen oder basischen Zahncreme putzen und falls noch nötig, die Zwischenräume mit Zahnseide reinigen.

Wenn es dir schwerfällt, neue Gewohnheiten zu übernehmen, dann frag dich doch zunächst einmal, warum du mit dem Ölziehen beginnen möchtest. Lies vielleicht einfach noch einmal weiter oben, welche zahlreichen positiven Wirkungen du mit dem Ölziehen erzielen kannst und dann starte am besten im Rahmen einer kleinen Detox-Kur, z.B. zusammen mit einer ayurvedischen Frühjahrskur, einem Basenfasten oder einer reinigenden Kräuterkur in deine neue Morgenroutine. Was diese sonst noch beinhaltet, verrate ich dir gern später in einem separaten Beitrag. Solltest du Fragen oder Probleme mit dem Ölziehen haben, schreib mir gern :).